Manchmal fühlt man großes Unbehagen, …

… also mir geht es jedenfalls so, wenn etwas Aggressives in der Luft liegt. So ging es mir gestern. Mitten auf der Strasse, bzw. auf dem Weg zum Copy-Shop, den ich zur Zeit gezwungenermaßen regelmäßig frequentiere. Ein Mann in einem SUV, in der Seitenstrasse hinter mir, hupte wie verrückt. Aus Richtung Copy-Shop kam mir eine mit Papieren beladene Frau entgegen gelaufen. Ganz offensichtlich hatte sie Stress. Es brauchte nicht lange, bis ich das entsetzliche Gehupe hinter mir und den verängstigten Blick dieser Frau zusammen brachte. Nachdem sie gehetzt die Papiere auf den SUV – Rücksitz gelegt hatte stieg sie vorn bei ihm ein. Ich war stehen geblieben, um die Situation zu beobachten.

Wie erwartet schrie er sie an. Hören konnte ich ja nichts, aber was ich sah reichte schon.

Ich möchte gar nicht wissen, wie er ‚zu Hause‘ mit ihr umgeht. Sie sah schrecklich unglücklich aus. Alles an ihr war grau-beige. Ihr faltiges Gesicht, ihre Augen, ihre Haare und ihre Kleidung. Sie zitterte. Wahrscheinlich hat sie sonst nie Zeugen und wenn sie überhaupt auf die Idee käme, sich jemandem anzuvertrauen, würde man ihr nicht glauben. Das weiss sie. Der Herr Doktor, ein Narzisst? Nein, das kann nicht sein, – der ist doch immer so freundlich und zuvorkommend. Und als Chefarzt hat er doch ständig mit Menschen zu tun. Es kann gar nicht sein, dass er sich nicht unter Kontrolle hat … Schließlich trägt er große berufliche Verantwortung. Und er ist ja auch so intelligent. Wahrscheinlich fühlt sie sich nur klein neben ihm. Was war sie nochmal gleich? Ach ja, – Krankenschwester auf der Inneren. Damals, als sie sich kennen lernten. Sie hat ja dann aufgehört, als die Kinder kamen.

Und jetzt, nach vielen Jahrzehnten mit ihm, fragt sie sich oft, wer sie eigentlich ist. Was aus ihr geworden ist. Wenn sie an dem großen Fenster zum Garten steht, gesteht sie sich ein, dass von dem, was sie einmal ausgemacht hatte, nicht mehr viel übrig geblieben ist. Er hat sie ausgehöhlt. Es war ein langer, langsamer Prozess. Mit jeder noch so kleinen Erniedrigung, die er ganz nebenbei hatte fallen lassen, ein kleines Stück mehr. Die Genzüberschreitungen wurden immer schlimmer. Und er selbst ist daran gewachsen. So hat es sich zumindest für ihn angefühlt. Er hat sie ausgeraubt. Sich ihrer Lebensfreude bemächtigt. Selbst konnte er diese Freude nie entwickeln. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, seine Fassade nach aussen aufrecht zu erhalten. Das hat ihn enorm angestrengt. Kompensiert hat er dieses Defizit mit seinen exzellenten Leistungen. Niemand hatte gemerkt, dass er im Inneren vollkommen emotionslos ist. Die gängigen Gefühle, die man im Leben so zeigen sollte, hat er gespielt. Zugegeben, nahezu perfekt. Besonders dann, wenn er sie öffentlichkeitswirksam einsetzen konnte, wie z.B. auf Beerdigungen.

Wenn sie je vorhätte, ihn zu verlassen, dann hätte das ziemlich grausame Konsequenzen, flüsterte er ihr immer wieder einmal zu. Er habe ’seine Leute, die das regeln. Auf ihre Art‘. Ausserdem besäße sie ja nichts, denn lt. Ehevertrag gehöre alles ihm. Schließlich habe er natürlich vorgesorgt, für den Fall der Fälle. Also, was sollte sie tun? Die Angst vor ihm und seinem respektlosen, brutalen Verhalten schnürt ihr den Hals zu. Sie kann manchmal nicht mehr. Es ist hoffnungslos.

So oder ähnlich erleben es viele Frauen oder aber auch Männer, meistens hinter verschlossener Tür. Sie trauen sich nicht, zu gehen. Die Ängste sind vielfältig, meistens hat es mit ihrer Vorstellung von einer vermeintlichen Gefährdung ihrer Existenz und dem Verlust ihres gesellschaftlichen Status zu tun, – oft werden sie aber auch massiv bedroht und/oder erpresst. Sie brauchen Hilfe. Aus einer solchen Situation herauzukommen, – das kann man fast nicht allein schaffen.

Nun habe ich meinen Blog mit einem sehr ernsten Thema begonnen. Es war mir und nicht nur mir wichtig!

Bis zum nächsten Mal,

Ihre Britta Heusinger von Waldegg

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